Rechtsschutz-Boom – lohnt es sich?

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Rechtsschutz liegt im Trend: Immer mehr Private und Firmen sichern sich für allfällige Streitigkeiten mit einer Rechtsschutzversicherung ab. Mit ein Grund für das steigende Interesse ist sicher die neue Zivilprozessordnung von 2011.

Kläger müssen in den meisten Kantonen einen Kostenvorschuss in der Höhe der voraussichtlichen Gerichtskosten leisten. Selbst wenn der Prozess gewonnen wird, muss das Geld beim Verlierer eingefordert werden. Normalbetuchte verzichten da lieber auf eine Klage, da ein Prozess auch mit kleinerem Streitwert schnell einmal über Fr. 10 000 kosten kann.

Auseinandersetzungen enden immer öfter auf dem Rechtsweg

Freuen ob dieser Neuerung durften sich die Rechtsschutzversicherer, welche seit der Einführung der neuen Zivilprozessordnung überdurchschnittlich viele Neukunden dazugewonnen haben. 

Weitere Gründe zum Rechtsschutz-Boom kennt Alfred Widmer, CEO der AXA-ARAG: «Zum einen kennen die Leute ihre Rechte immer besser und wollen diese auch durchsetzen. Zum anderen wird unser Alltag immer mehr ‹verrechtlicht›. Es gibt bald für alles Regeln, Richtlinien, Gesetze, die das Zusammenleben nicht immer einfacher machen. Beides führt dazu, dass es öfters zu Auseinandersetzungen kommt, die auf dem Rechtsweg enden.»

Als Nicht-Jurist gibt es dann zwei Optionen: Entweder man hat eine Rechtsschutzversicherung oder man sucht sich selber einen Anwalt. Eine einzige Anwaltsstunde kostet allerdings etwa gleich viel wie die Rechtsschutzversicherung für ein ganzes Jahr, daher entscheiden sich immer mehr Leute für diese Option.

Ein Anstieg der Fälle ist auch im Arbeitsrecht zu beobachten. Der allseits herrschende Kostendruck macht den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu schaffen, wirkt sich negativ auf die Arbeitsbedingungen aus und/oder hat gar Entlassungen zur Folge. Solche Entscheide werden von den Mitarbeitern oftmals angefochten und enden ohne gütliche Einigung nicht selten vor Gericht.

So weit muss es aber nicht in jedem Fall kommen. Weniger komplexe Rechtsfragen unserer Kunden ergeben sich häufig bei Arbeitsunfähigkeiten einer Dentalassistentin oder Dentalhygienikerin hinsichtlich Lohnfortzahlung, Sperr- und Kündigungsfristen. Hier genügt oftmals schon eine klärende Auskunft, welche bei den Rechtsschutzversicherern mündlich oder schriftlich eingeholt werden kann. 

Kunden und Rechtsschutzversicherer verstehen unter freier Anwaltswahl nicht unbedingt dasselbe

Die häufig erwähnte «freie Anwaltswahl» wird von den Versicherern im «Kleingedruckten» unterschiedlich interpretiert. Bei den meisten Versicherern beraten vorerst deren Juristen die Kunden und versuchen sich mit der Gegenpartei zu einigen. Wenn dann tatsächlich ein externer Anwalt beigezogen werden muss, behalten sich die Versicherer vor, einen vom Kunden vorgeschlagenen Anwalt abzulehnen oder die Beteiligung an den Anwaltskosten einzuschränken.

Die Unterschiede bei den Anbietern sind auch bei den versicherten Rechtsgebieten gross, weshalb es wichtig ist, eine Versicherung zu finden, welche die Bedürfnisse des Versicherten möglichst genau abdeckt. Ein Hauseigentümer legt deshalb auf die Mitversicherung von Streitigkeiten beispielsweise mit Handwerkern Wert. Oder: Ein Praxisinhaber achtet auf die Mitversicherung eines umfassenden Arbeitsrechts oder, falls in einer Praxisgemeinschaft tätig, des Gesellschaftsrechts. 

Mit einer umfassenden Rechtsschutzversicherung lässt sich das Risiko eines Rechtsstreits zu einem grossen Teil abdecken. Was aber nicht vergessen werden darf: Die Versicherungsbedingungen sehen auch Deckungseinschränkungen und Ausschlüsse vor. Obwohl in den vergangenen Jahren die versicherten Rechtsgebiete stetig ausgebaut und die Versicherungssummen erhöht wurden, verharren die Prämien nach wie vor auf tiefem Niveau. Einen «Rundum-Rechtsschutz», der in jeder Situation einen Anwalt finanziert, bietet leider kein Versicherer.

 
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